Frau Schunz empfiehlt
Feine Literatur aus Tel Aviv.
Naomi ist nicht begeistert, als sie sich allein mit ihrem einjährigen Sohn Uri und einem arabischen Handwerker in ihrer Wohnung
in Tel Aviv wiederfindet. Ihr Mann Juval hat ihn mit der Renovierung ihres Balkons beauftragt, während er selbst bei der Arbeit ist.
Sie fühlt sich unwohl in der Präsenz des fremden Mannes,
zumal Uri eigentlich seinen Vormittagsschlaf halten sollte
und allmählich quengelig wird.
Während sie Kaffee zubereitet, entsteht plötzlich auf der Gasse vor dem Haus ein Aufruhr, ein Teenager ist von einem herabstürzenden Hammer erschlagen worden. Naomi wird schnell klar, dass ihr Sohn den Hammer in einem unbeaufsichtigten Moment vom Balkon gestoßen haben muss. Doch der Verdacht fällt nicht auf die israelische Familie, sondern auf den arabischen Arbeiter.
Als er wenig später zum Verhör abgeführt wird, ist Naomi
wie gelähmt, es gelingt ihr nicht, die Wahrheit zu sagen.
Eine Geschichte, die mit einer harmlosen Tasse Kaffee beginnt,
wird zu einer gefährlichen Tour zwischen Stadt und Dorf,
bei der keiner der Beteiligten so bleibt, wie er war.
Ayelet Gundar-Goshen inszeniert einen inneren Konflikt,
der die Figuren und Lesenden gleichermaßen in seinen Bann zieht. Und sie schafft davon ausgehend ein packendes Psychodrama
über Schuld und Rache, über die Flucht vor Verantwortung
und über Mitgefühl, das sich an unerwarteten Orten zeigt.
Ayelet Gundar-Goshen
Ungebetene Gäste
Kein & Aber
Gebunden, 320 Seiten
25€
Herr Kämper empfiehlt
Eine tolle Entdeckung -
der große amerikanische Schriftsteller Paul Theroux!
»Es gibt einen kurzen Zeitraum im Leben eines jeden Menschen,
in dem sein Charakter für immer festgeschrieben wird.«
Im Alter von neunzehn Jahren schifft sich der Eton-Absolvent
Eric Blair im Herbst 1922 nach Rangun ein. In Burma soll er als Beamter der britischen Kolonialpolizei ausgebildet werden.
Doch schon kurz nach seiner Ankunft kommen dem hochgewachsenen, scheuen jungen Mann Zweifel an seiner bevorstehenden Aufgabe. Er, der feingeistige Offiziersanwärter, verabscheut die Überheblichkeit und skrupellose Willkür der Briten, ihren unverhohlenen Rassismus. Blair wird unweigerlich zum Außenseiter, macht sich damit zum Gespött seiner Landsleute.
Als er ins schwülheiße Schwemmland des Irawadi-Deltas versetzt wird, um Nachforschungen über den Tod eines Mannes anzustellen, überwältigt ihn das Gefühl, für seine Aufgabe als Kolonialpolizist nicht geschaffen zu sein. Und zugleich erschreckt und beschämt ihn, wie er beginnt, sich in die von ihm erwartete Rolle zu fügen.
Die Erkenntnis, am Ende selbst zu den Unterdrückern zu gehören, schockiert ihn. Und er trifft eine folgenreiche Entscheidung.
Mitreißend taucht Paul Theroux ein in die Kolonialwelt Burmas.
Und führt vor Augen, wie aktuell Orwells Bedenken über Kolonialismus und autoritäre Macht bis heute bleiben.
Paul Theroux
Burma Sahib
Luchterhand
Gebunden, 592 Seiten
22€
Herr Kämper empfiehlt
Ein meisterlicher Krimi
aus dem Land der aufgehenden Sonne.
Privatdetektiv Kosuke Kindaichi wird von
einem der Anwälte eines kürzlich verstorbenen schwerreichen Seidenfabrikanten in
einen abgelegenen Teil Japans gerufen.
Der Anwalt fürchtet, dass das Testament
einen erbitterten Kampf zwischen den
untereinander verfeindeten Erben auslösen wird.
Und kaum ist der Letzte Wille verlesen,
nimmt eine Mordserie ihren blutigen Anfang.
Während immer mehr Leichen auftauchen,
findet der Detektiv sich unversehens
in der Geschichte der Familie Inugami wieder,
die von Bitterkeit, Betrug und
verbotenen Liebschaften geprägt ist.
Kindaichi muss die Geheimnisse des Clans lüften, um den Mörder zu finden
und den Fluch zu bannen.
Seishi Yokomizo
Der Inugami-Fluch
Blumenbar
Gebunden, 334 Seiten
24€
Frau Pietrowsky empfiehlt
Packende Historie aus weiblicher Perspektive.
Das Jahr ist 1540.
Die kräuterkundige Verena von Pfäffikon soll
als Hexe verbrannt werden. Doch bevor sie
auf dem Scheiterhaufen stirbt, brennt das Dorf –
Verena gelingt die Flucht.
Drei beschwerliche Wochen später trifft sie –
als Mann verkleidet und sich
Johann nennend – in Padua ein.
Im Sog einer Gruppe von Studenten gelangt sie ins anatomische Theater und wird Zeugin,
wie der berühmte Anatom Andreas Vesal
eine Obduktion ausführt. Doch noch während
der Demonstration wird Vesal nach draußen
zu einem sterbenden Studenten gerufen.
So wie der Arzt erkennt Verena sofort,
dass der junge Mann vergiftet wurde.
Gemeinsam obduzieren sie die Leiche
und finden sich in ihrem Verdacht bestätigt.
Doch wer sollte einen Studenten vergiften?
Und warum?
Leon Morell
Die Anatomie einer neuen Zeit
dtv
Gebunden, 432 Seiten
24€
Frau Schunz empfiehlt
Ein großer Roman über das Leben im Jetzt.
An einem gewöhnlichen Tag Anfang Juni
kommt die Zeit zum Stehen. Niemand stirbt, niemand wird mehr geboren. Die neue Ewigkeit verändert das Lebensgefühl der Menschen:
Die Rentnerin Margo will ausgelassen das Leben feiern und auf Reisen gehen – doch ihr pflanzenliebender Ehemann Otto möchte
seine Balkonblumen nicht alleine lassen.
Für die Fotografin Jenny gibt es nichts Schöneres, als die geschenkte Zeit mit ihrer Familie im Sommerhaus zu verbringen. Trotzdem plagt sie das Gefühl, etwas Wichtiges zu verpassen.
Und die Krankenschwester Eva erlebt die Sorge der Schwangeren, die nicht wissen, wann ihre Babys zur Welt kommen.
Überall im Land rätselt man, warum die Menschen aus dem Lauf der Zeit herausgefallen sind. Ist es ein Virus, ein alter Zauber oder
eine Verschwörung böser Mächte?
Und warum geht in der Natur der Kreislauf von Werden und Vergehen unvermindert weiter?
Maja Lunde
Für immer
btb Verlag
Gebunden, 320 Seiten
24€