Herr Kämper empfiehlt

 

Sie war beschlagnahmt, blieb verschwunden

und wurde erst ein Jahrzehnt später wiederaufgespürt: eine unglaubliche Geschichte, eines Kafka oder Borges würdig,

in der Realität und Wahnsinn auf immer

neue Weise die Rollen tauschen.

 

Ein bedeutender Wissenschaftler wird in einer sowjet-ukrainischen Provinzstadt wegen Zugehörigkeit zu einer ihm unbekannten Organisation verhaftet.

 

Ihm droht Folter, und er ahnt, dass er das nicht durchhalten wird. Er entwickelt die Idee,

vor den NKWD-Offizieren den »Fone Kwas«

(ein jiddischer Ausdruck für einen »Trottel«) vorzutäuschen, wirre und unglaubliche »Geständnisse« zu machen

– in der Hoffnung, schnell verurteilt zu werden,

dann aber Berufung einzulegen und zu zeigen,

dass alles, was er gestanden hat,

technisch und wissenschaftlich vollkommen unhaltbar ist, so dass er schlussendlich wegen »irrtümlicher« Verhaftung entlassen werden wird.

 

Er setzt sein Vorhaben um.

Er erzählt von sagenhaften Sabotageakten, malt wirre Diagramme. Je irrer und bizarrer seine Ausführungen werden, desto gebannter hört sein Ermittler zu und desto erfreuter zeigt er sich.

Und am Ende kommt alles ganz anders, als der Angeklagte erwartet hat. Die wahnsinnige Realität des stalinistischen Terrors wird die fabrizierten Phantasmen des »Fone Kwas« bei Weitem übertreffen.

 

Georgi Demidow

Fone Kwas oder Der Idiot

Galiani-Berlin

Gebunden, 208 Seiten

22€


Herr Kämper empfiehlt

 

Was macht eine Frau zur Mörderin und wie erzählt man davon?

 

 

 Die siebzehnjährige Brynhild kann die schreiende Welt in ihrem Innern nicht zur Ruhe bringen. Sie arbeitet als Magd auf einem Großbauernhof und verliebt sich haltlos in den Hoferben.

 

Doch ihre Leidenschaft findet bald ein brutales Ende. Brynhild beginnt in Amerika ein neues Leben. Dort gibt sie sich einen neuen Namen und sucht Zuflucht bei zahlreichen Männern, die jedoch alle bald auf rätselhafte Weise sterben.

Ihr Leben wird zu einem Gefängnis

der unheilbaren Wunden, aus dem  es für sie kein Entkommen gibt.

 

Mit einzigartiger Sprachkraft taucht Victoria Kielland ein in die Psyche der ersten amerikanischen Serienmörderin.

Ein dichter, bildgewaltiger Roman, der vor roher Sinnlichkeit vibriert.

 

Victoria Kielland

Meine Männer

Tropen

Gebunden, 192 Seiten

22€


Frau Pietrowsky empfiehlt

 

Ein Roman wie das Echo unserer Gegenwart!

 

In der Megastadt der Zukunft heuert Zem Sparak als Hilfspolizist an, arbeitet als „Hund“ im sauren Regen von Zone 3.

Seine Heimat Griechenland gibt es schon lange nicht mehr: Bei GoldTex, einem Konzern, der bankrotte Länder unterjocht, herrschen Zynismus und Gewalt.

Eines Morgens reißt eine über die gesamte Länge des Rückgrats aufgeschnittene Leiche Zem aus seiner Gleichgültigkeit.

 

Irgendwo, das weiß er, gibt es noch eine Wahrheit.

 

Zusammen mit Salia Malberg, einer Kommissarin aus Zone 2, begibt er sich auf eine Suche, die ihn auch in seine Vergangenheit führt.

 

In schnellem Rhythmus, in poetischen Bildern stellt Laurent Gaudé unsere drängendsten Fragen:

 

Wie wollen wir in Zukunft leben?

Und was erwartet uns?

 

Laurent Gaudé

Hund 51

DTV

Gebunden, 336 Seiten

24€


Herr Kämper empfiehlt

 

Ein einsames Haus in den Bergen

und eine Naturkatastrophe,

nach der ein Schweizer Kanton sich plötzlich lossagt von unserer Gegenwart:

»Sinkende Sterne« ist ein virtuoser, schwebend-abgründiger Roman, in dem eine scheinbare Idylle zur Bedrohung wird und der uns tief hineinführt in die Welt der Literatur selbst.

 

Thomas Hettche erzählt, wie er nach dem Tod seiner Eltern in die Schweiz reist,

um das Ferienhaus zu verkaufen, in dem er seine Kindheit verbracht hat.

Doch was realistisch beginnt, wird schnell zu einer fantastischen, märchenhaften Geschichte, in der nichts ist, was es zu sein scheint.

Ein Bergsturz  hat das Rhonetal in einen riesigen See verwandelt und das Wallis zurück in eine mittelalterliche, bedrohliche Welt.

Sindbad und Odysseus haben ihren Auftritt, Sagen vom Zug der Toten Seelen über die Gipfel, eine unheimliche Bischöfin und Fragen nach Gender und Sexus, Sommertage auf der Alp und eine Jugendliebe des Erzählers.

 

 

Grandios schildert Hettche die alpine Natur und vergessene Lebensformen ihrer Bewohner,

denen in unserer von Identitätsfragen und Umweltzerstörung

verunsicherten Gegenwart neue Bedeutung zukommt.

Im Kern aber kreist die musikalische Prosa dieses großen Erzählers um die Fragen,

welcher Trost im Erzählen liegt und was es in den Umbrüchen unserer Zeit zu verteidigen gilt.

 

Unbedingt lesen!

 

Thomas Hettche

Sinkende Sterne

Kiepenheuer & Witsch

Gebunden, 224 Seiten

25€


Frau Bruch empfiehlt

 

Familie, nein danke lautet Sonjas Lebensmotto – und damit ist sie stets gut gefahren.

Bis ihr Bruder Rolf überraschend an der Ostsee auftaucht und in der dunklen Familiengeschichte zu graben beginnt.

Lebensnah und feinfühlig erzählt Sabine Bode von einem ungleichen Geschwisterpaar, das die Narben seiner Herkunft nicht länger versteckt.

 

Wenn der eigene Bruder plötzlich vor der Tür steht, kann es das eigene Leben ganz schön durcheinanderwirbeln. Während Sonja das Kapitel Familie schon vor Jahren geschlossen hat, ist der Erkenntnisdrang bei Rolf taufrisch.

Seine Mission ist es, die Schwester zur gemeinsamen Familienaufarbeitung anzustiften, aber Sonja fällt es schwer, sich auf die neue Nähe einzulassen.

Doch dann bittet ihre Nichte Nina sie um Hilfe. Halb widerwillig, halb neugierig kehrt Sonja ihrer friedlichen Ferienwohnung an der Ostsee schließlich den Rücken und macht sich mit Rolf in dessen rostigem VW-Bus auf die Reise an die Orte ihrer gemeinsamen Vergangenheit und in ihr Elternhaus, einen Ort des Schreckens.

 

Bestsellerautorin Sabine Bode erzählt in ihrem zweiten Roman höchst authentisch von den Traumata eines Geschwisterpaares, die ihren Ursprung in der NS-Zeit haben.

 

Sabine Bode

Geschwister im Gegenlicht

Klett-Cotta

Gebunden, 320 Seiten

25€


Frau Pietrowsky empfiehlt

 

Ein historisches Vergnügen!

 

Das Jahr ist 1348:

 

In der Finanzmetropole Florenz wütet die Pest, während die Söhne des mächtigen Bankiers Pacino Peruzzi nacheinander ermordet werden. Wittekind Tentronk, den es als Agent des Patriarchen aus Avignon an den Arno verschlagen hat, erkennt zu spät einen blutigen Wettlauf um Geld und Rache, den er nur verlieren kann.

 

Wie in seinem vielbeachteten Roman "Die schwarze Rose" spannt Dirk Schümer einen Bogen in die Gegenwart.

Er erzählt von der größten Bankenpleite vor 2008, von der schlimmsten Pandemie aller Zeiten,

vom Krieg auf der Krim, aber auch von Wittekinds Liebe zu der schönen Marktfrau Cioccia und einem illustren Freundeskreis um den erfolglosen Poeten Boccaccio und Dantes versoffenen Sohn Jacopo.

 

Dirk Schümer

Die schwarze Lilie

Zsolnay

Gebunden, 608 Seiten

28€


Herr Kämper empfiehlt

 

Eine Geschichte über die Suche nach Familie und Herkunft, nach Identität und Liebe.

Keine gute Geschichte.

 

Arielle Freytag, Anfang dreißig, hat es eigentlich geschafft: Aufgewachsen im Essener Stadtteil Katernberg, verdient sie als Social-Media-Managerin in Düsseldorf mittlerweile viel Geld. Bis eine Depression sie aus der Bahn wirft und für eine Weile in die «Klapse» bringt.

 

Kaum wieder zu Hause, erreicht Arielle ein Anruf aus Katernberg, und zum ersten Mal nach zwölf Jahren kehrt sie an den Ort ihrer Jugend zurück. Dort werden seit ein paar Tagen zwei Mädchen vermisst – was Arielle mit Wucht an ihre Mutter erinnert, die vor vierundzwanzig Jahren spurlos verschwand.

Damals blieb Arielle allein bei ihrer eigenwilligen Großmutter zurück. Wer ihr Vater ist, weiß sie nicht, auch ihr dunkles, lockiges Haar und die Hautfarbe sind nur ein vager Hinweis: italienisch, türkisch, kroatisch?

 

Während in Katernberg fieberhaft nach den Mädchen gesucht wird, stellt Arielle sich den schmerzhaften Fragen, auf die sie immer dringender Antworten braucht. 

Hat ihre Mutter sie verlassen, oder ging sie nicht freiwillig?

 

Lisa Roy

Keine gute Geschichte

Rowohlt

Gebunden, 240 Seiten

22€